Als ich zehn war

Dass ich zehn war, ist knapp vierzehn Jahre her. Das kann man jetzt lange nennen oder noch nicht so lange – mir kommt es manchmal wie eine halbe Ewigkeit vor. Vieles ist passiert in dem Jahr, als ich zehn war, zwei prägende, einschneidende Dinge, die mein Leben damals verändert haben. Zehn Jahre alt bin ich geworden im Dezember 2002. Ich hatte eine ziemlich furchtbare Frisur und viele schreckliche Klamotten, habe viele Bücher zum Geburtstag (und zu Weihnachten) und eine neue Blockflöte bekommen und war das älteste von drei Kindern. Noch. Denn 2003, als ich dann zehn war, kam noch ein Geschwister dazu. Der jüngste Bruder, der es seitdem ertragen muss, nicht nur von seiner Mama, sondern auch von seiner großen Schwester bemuttert zu werden. Das fand er damals noch nicht so schlimm, das glaube ich zumindest, heute ist das natürlich nur noch nervig.

Die anderen beiden Brüder sind altersmäßig näher dran an mir und so war der jüngste Bruder derjenige, bei dem ich am meisten mitbekommen habe, am meisten machen konnte und helfen durfte. Wickeln, bespaßen, füttern, aufpassen, spielen und durch die Gegend tragen: Das war selbstverständlich und ich habe es geliebt. Ob ich wirklich immer eine große Hilfe war, müssten unsere Eltern beurteilen – einen Babysitter hatten wir jedenfalls nie.

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Das andere Erlebnis war der Wechsel auf die weiterführende Schule, eines der beiden städtischen Gymnasien. Statt zu Fuß ging es mit dem Fahrrad zur Schule, neben Deutsch und Mathe, Sachkunde und Sport gab es auch Englischunterricht (Lieblingsfach von der ersten Minute an) und diverse Naturwissenschaften (die waren weniger mein Fall). Im Computergrundkurs lernten wir, einen PC ordnungsgemäß ein- und auszuschalten, Word-Dokumente zu erstellen und zu speichern und verschiedene Schriftarten und -größen zu benutzen. Kinderkram, das hatte ich alles schon an meinem eigenen Computer selbst gelernt. Der stand bei mir im Zimmer, ein großer grauer Kasten, samt Bildschirm, Tastatur und Maus, ohne Internetanschluss, aber mit Word drauf, damit ich meine selbstgeschriebenen Geschichten darauf abtippen konnte. Gespeichert wurden die dann auf einer Diskette(!).

Zurück zur Schule: Ich bin weiterhin gerne zur Schule gegangen, wie schon zu Grundschulzeiten, und Schule fiel mir (zum Glück) meistens nie wirklich schwer. Ungewohnt war es zunächst, wieder die Kleinsten auf der Schule zu sein, und es brauchte einige Zeit (*hust* Jahre *hust), um die zunächst fremden Mitschüler in der eigenen Klasse kennenzulernen. Neun Jahre, bis zum Abitur, dauerte es, die 120 (?) Mitschüler der Stufe kennenzulernen, neun Jahre, in denen ich viele schöne und auch weniger schöne Momente erlebt habe, neun Jahre, die mir damals, 2003, noch ewig lang vorkamen und die dann doch so schnell vorbeigingen, neun Jahre, in denen mir diese Schule irgendwie wichtig geworden ist. Jedes Mal, wenn ich die Schule wieder betrete, wenn ich dem jüngsten Bruder (siehe oben) sein Saxophon bringe, gehe ich gerne dort rein. 2003, dass ich zehn war, das ist so weit weg und doch gar nicht so lange, wenn ich mich an meine ersten Tage und Wochen in der neuen Schule erinnere.

Mit dem Wechsel auf das Gymnasium gehörte man zu den Großen. Das galt auch für den Kinderchor in der Kirche, aus dem ich deswegen in den nach den Sommerferien neu-gegründeten Jugendchor aufsteigen durfte. Der war zwar eigentlich erst ab elf – aber ich gehörte eben zu den Großen und durfte schon mit zehneinhalb dabei sein. Diese Neugründung muss wichtig gewesen sein – oder die lokale Tageszeitung steckte Mitte September noch im Sommerloch. Jedenfalls gab es damals einen vierspaltigen Bericht inkl. großem Foto von der ersten Chorprobe, der in einem Fotoalbum bei uns noch existiert.

Als ich zehn war, hatten wir einen ziemlich heißen Sommer, das weiß ich noch, weil der kleine Babybruder immer auf einer Decke im Schatten auf dem Rasen lag. Im Urlaub war es dann aber doch eher kalt und nass: Wir waren „nur“ eine Woche zelten in Holland, denn wir hatten ja ein Baby dabei und das war in den Sommerferien auch noch getauft worden.

Als ich zehn war, hatte ich noch keine Ahnung von Medien, vom Internet, von Blogs. Mein Medium waren Bücher und ich hatte eigentlich grundsätzlich mehrere auf dem Boden um mein Bett verstreut liegen. Zu faul, die gelesenen zurück in den Schrank zu stellen und außerdem, vielleicht hätte ich ja nochmal eine Stelle im vorherigen Band der Reihe nachlesen wollen. Pferdebücher und Enid Blyton, reihenweise stehen die auch heute noch im Regal.

Zehn Jahre war, rückblickend, ein aufregendes Alter (von der Frisur abgesehen). Unsere Familie wurde komplett. Ich fühlte mich wohl auf dem Gymnasium. Zehn Jahre war ein besonderes Alter – die erste zweistellige Zahl. Ganz schön lange ist das her – und dann doch irgendwie auch nicht. Schön war’s – bis auf die Frisur.

Dies ist ein Beitrag zu der Blogparade „Als ich zehn war“ von Lutz Prauser auf zwetschgenmann.de, auf die ich durch Zufall über Twitter gestolpert bin. Die Blogparade läuft noch genau bis morgen: Ich bin spät dran, aber als ich das Thema gesehen habe, war es mir mit einem Mal wichtig, meine Gedanken dazu aufzuschreiben. Vielen Dank für die Idee und die Sammlung aller Beiträge.