Nicht bequem

Heute musste ich um 9 Uhr zu einem Termin in einer Kirche, in der ich noch nicht gewesen war. Ich kannte also den Weg nicht und weil ich gut darin bin, mich auf unbekannten Strecken (und unter Zeitdruck) zu verfahren und die Kirche nicht direkt um die Ecke ist, war mein erster Impuls mit der Bahn zu fahren. Und dann fiel mir auf: Ich werde bequem.

Nach einem erneuten Blick auf Google Maps und in die Bus-und-Bahn-App und der damit verbundenen Feststellung, dass ich mit dem Rad sogar schneller sein müsste als mit der Bahn, habe ich mich dann natürlich doch für’s Rad entschieden. Die Strecke war verhältnismäßig flach, ging größtenteils geradeaus und war kürzer als mein Arbeitsweg in Münster. Und ich finde ja, auf dem Fahrrad „erfährt“ man eine Stadt einfach nochmal ganz anders. Ich habe also meine eigene Bequemlichkeit (der Impuls, bei längeren Strecken, schlechtem Wetter, usw. die Bahn zu nehmen, hat sich schnell eingebürgert, seit ich in Dortmund wohne) gezügelt und auf meinem Arbeitsweg ganz nebenbei einen neuen Stadtteil kennengelernt.

Bei dem Termin selbst ging es dann um Barrierefreiheit. Die hat nichts mit Bequemlichkeit, sondern mit Notwendigkeit zu tun. Alle Menschen sollen so selbstständig wie möglich ihr Leben leben können. Worauf muss man bei der Planung einer Veranstaltung achten, von der Einladung über die geeigneten Räumlichkeiten bis hin zur Dokumentation, wenn man sie barrierefrei gestalten will? Und ganz speziell habe ich nach einem einführenden Vortrag noch etwas über Leichte Sprache gelernt. Die ist nicht nur wichtig für Menschen mit geistiger Behinderung oder Lernschwierigkeiten, wie ich bisher irrtümlicherweise angenommen hatte, sondern auch für funktionelle Analphabeten (12 Prozent der erwachsenen Bevölkerung in Deutschland) oder auch Menschen mit Migrationshintergrund und/oder anderer Muttersprache als Deutsch.

Gar nicht so leicht, vieles von dem, was man in der Schule gelernt hat, wieder zu vergessen, wenn man versucht Leichte Sprache zu benutzen: Viele Hauptsätze, keine Fremdwörter, Wortwiederholungen erlaubt. Ganz schöne Umstellung, aber eine gute Übung, auch um sich mal bewusst zu machen, wie kompliziert unsere Sprache häufig ist. Und dass auch kleine Änderungen schon eine Menge bewirken (und vereinfachen) können.