Vor kurzem habe ich mich – wider besseren Wissens – auf Twitter auf eine Diskussion über die Sinnhaftigkeit und Wirkung von Homöopathie eingelassen. Es war stellenweise sogar recht amüsant, aber als das (vermeintliche) Gegenargument „Das ist alles Placebo und noch dazu viel zu teuer und es wirkt nicht und da kannst du genausogut Zucker pur essen“ zum fünften Mal fiel, war mir meine Zeit dann doch zu kostbar, um das Ganze noch weiterzuführen. Diese Woche allerdings musste ich an diese Diskussion zurückdenken.
Nach einem Besuch bei meinem Hausarzt, seines Zeichens sowohl Allgemeinmediziner als auch Homöopath, verließ ich die Praxis mit Globuli auf der Zunge und zwei Rezepten in der Hand. Vier verschiedene Dinge hatte er mir verschrieben, darunter zwei kortisonhaltige Sprays (einmal Nase, einmal Lunge), mein „Notfallspray“ und Allergie-Tabletten. Die Heuschnupfen-Zeit hat begonnen, in diesem Jahr deutlich später als letztes Jahr, jedenfalls für mich. Aber nun ist sie da und die Symptome machen sich momentan auch sehr deutlich in meiner Lunge spürbar. Um die erst einmal wieder richtig frei zu bekommen, braucht es jetzt das Spray, nach einem Monat soll es hoffentlich auch mit dem Nasenspray und Homöopathie weiter in den Griff zu bekommen sein.
Ich bin tatsächlich schon sehr lange bei diesem Arzt und genauso lange schon besteht die Behandlung eigentlich immer aus einer Kombination von Schulmedizin und Homöopathie. Er kann gut einschätzen, an welchen Stellen und in welchen Situationen eine rein homöopathische Behandlung vielversprechend und ausreichend ist und wann es dann eben doch den „Kortison-Hammer“ oder andere schulmedizinische Methoden und Mittel braucht. Ich habe jahrelang regelmäßig und dauerhaft Asthma-Sprays nehmen müssen, mal in höheren, mal in niedrigeren Dosierungen, phasenweise konnte ich sie aussetzen, musste dann wieder damit einsteigen. Bis jetzt kam ich seit zwei, drei Jahren ohne aus – aber wenn schon der „Aufstieg“ in die 3. Etage und das Fahrradfahren in der Stadt sich wie Hochleistungssport anfühlen, weil man kurzatmig ist und die Beine schwer, ist das auf Dauer erstens kein Spaß und zweitens nicht gut für die Lunge. Also her mit dem Spray.
Worauf ich aber eigentlich hinauswill: In Diskussionen über den Sinn oder Unsinn von Homöopathie geht es meistens um ein Entweder/Oder. Da stehen auf der einen Seite diejenigen, die Homöopathie als Placebo bezeichnen und Leute, die ihre Kinder homöopathisch behandeln, als Verbrecher verurteilen. Und auf der anderen Seite die, die alles immer ausschließlich homöopathisch behandeln wollen und nie im Leben ein schulmedizinisches Medikament anrühren würden.
Warum? Warum muss es nur das eine oder das andere, nur schwarz oder weiß, geben? In besagter Diskussion wurde mir irgendwann vorgehalten, ich würde dann also auch, wenn mein Kind eine Tollkirschenvergiftung hätte, ihm einfach Belladonna einflößen und damit wär’s getan. – Natürlich nicht. Die Homöopathie hat natürlich Grenzen. Wenn mein Kind sich – womit auch immer – vergiftet hätte, würde ich auf kürzestem Wege die nächste Notfallaufnahme aufsuchen.
Mir ganz persönlich hat die Homöopathie aber schon in vielen Fällen geholfen, und oft eben auch als unterstützende, die Konstitution stärkende Maßnahme neben einer schulmedizinischen Behandlung. Ich habe Asthma, ich habe Heuschnupfen und andere Allergien und ich bin kein Freund von Kortison. Wenn mir also die Homöopathie hilft, mit einer niedrigeren Dosis auszukommen oder das Medikament nach einer Weile wieder abzusetzen, dann bin ich selbstverständlich dafür.
Die Diskussion auf Twitter war aufgrund eines unglücklichen Tweets einer Krankenkasse entbrannt und, wie so häufig, ging es dabei irgendwann auch um’s Geld. Diese Krankenkasse übernimmt (zumindest in bestimmten Rahmen oder unter gewissen Umständen) die Kosten für eine homöopathische Behandlung, was die Homöopathie-Gegner zu der Behauptung versteigen ließ, Homöopathie wäre viel zu teuer für bloße Zuckerkügelchen, Placebo könne man auch billiger haben.
Mal abgesehen vom Solidaritätsprinzip (wem es nicht passt, welche Leistungen die eigene Krankenkasse unterstützt, die man selbst nicht nutzen möchte, der kann seine Krankenkasse auch wechseln. Interessanterweise beschwert sich sehr viel seltener jemand, dass er aufgrund des Autos, das er fährt, oder seines Alters oder Geschlechts bei der Haftpflicht in eine teurere Tarifgruppe eingestuft wird.): Mit meinen zwei Rezepten für vier verschiedene Medikamente bin ich direkt aus der Praxis wenige Schritte weiter in die nächste Apotheke gegangen. Zwanzig Euro an Zuzahlung waren dort fällig. Wie sich die auf die einzelnen Präparate aufteilen, weiß ich nicht, aber im Schnitt waren das fünf Euro an Zuzahlung pro Medikament. Und eben nur Zuzahlung, sprich, das Medikament an sich ist deutlich teurer. Ein Fläschchen Globuli ist da deutlich günstiger – und hält länger vor. Mit dem Dauer-Spray komme ich genau einen Monat aus: Ich habe dank Asthma und Co. schon viel Geld in Apotheken gelassen.
Ein Spray für die Nase, eins für die Lunge, eins für Notfälle und Globuli, damit ich mit möglichst geringer Dosis auskomme und für meine Hautprobleme. Für mich ist das eine gute Mischung und ich halte auch die Kombination von Allgemeinmedizin und Homöopathie in einem Arzt für sehr gewinnbringend. Zwischen A und B, schwarz und weiß, der einen und der anderen Seite gibt es eben auch viele weitere Optionen und vielleicht muss man auch nur offen genug sein, um die Potentiale aller Möglichkeiten auszuschöpfen.