Amsterdam – Tag 2

Weiter geht es – endlich – mit dem Bericht meines Amsterdam-Wochenendes. Am Freitag war ich noch einmal alleine unterwegs: Meine Mutter kam am Abend mit dem Zug an, mein Bruder musste noch arbeiten. Das Wetter war etwas durchwachsener – beim Frühstück schien zwar noch die Sonne, aber dann zog es sich zu und war bedeckt und recht windig. Perfektes Museums-Wetter also.

Im Gästehaus der Seemannsmission wird Frühstück angeboten. Jeden Tag wird der Frühstücksraum vom Housekeeper neu umgeräumt und eingedeckt, immer entsprechend der Anzahl und Zusammensetzung an Gästen, die an dem Morgen dort frühstücken werden. So erwartete mich am Freitag ein kleiner Tisch mit einem Gedeck, mit mir saßen eine fünfköpfige Reisegruppe und ein Paar jeweils an eigenen Tischen. Am Samstag und Sonntag war dann ein Zweier-Tisch für meine Mutter und mich eingedeckt.

Frühstück mit Aussicht auf die Keizersgracht, viel besser geht es ja nicht. Das Büffet bietet Toast und Vollkornbrot, Müsli und den tollen holländischen Ontbijtkoek, Wurst, Käse, Marmelade und Honig, Eier, Obst, Orangensaft, Tee und Kaffee. Alles, was das Herz begehrt also.

Nach dem Frühstück ging es für mich – heute dank Wetters mit Jacke – an der Amstel entlang zur und über die Magere Brug. Das ist die berühmteste und wohl meist fotografierteste der vielen Amsterdamer Brücken. Mein Ziel war das Verzetsmuseum (dt. Widerstandsmuseum) in der Nähe des Botanischen Gartens.

Auf dem Weg dorthin beobachtete ich ausgiebig die vielen Haus- und Wohnboote, die in den Grachten liegen. Auf einem Boot war eine Frau – auf dem sehr schmalen Streifen Boot zwischen Fenster und Wasser – damit beschäftigt Fenster zu putzen. Auf einem anderen Boot entdeckte ich einen Besucher.

Eben dem – oder einem Artgenossen – begegnete ich kurze Zeit später noch mal von Nahem.

Überall in Amsterdam blüht es: Immer wieder auch an Hausfassaden. Wunderschön.

Die Ausläufer des Botanischen Garten:

Garten und Wertheimpark ließ ich links liegen und fand schnell das Museum, fast direkt gegenüber des Eingangs zum Zoo. Das Museum erinnert an die Besatzung der Niederlande durch Deutschland während des Zweiten Weltkrieges 1940 bis 1945. Anhand verschiedener inhaltlicher und zeitlicher Stationen wird hier der Alltag in dem besetzten Land dargestellt: Im Fokus stehen dabei sowohl Verfolgte, besonders Juden, als auch Widerstandskämpfer. Viele Gegenstände – von gefälschten Ausweisen über selbst gebaute Radioempfänger – werden gezeigt, es gibt Ton- und Filmaufnahmen aus der Zeit zu sehen und zu hören. Die Ausstellung ist sehr anschaulich, und damit zum Teil auch bedrückend, und sehr lehrreich.

Nach dem Museumsbesuch gelangte ich auf verschlungenen Wegen, die ich nicht mehr ganz rekonstruieren kann, am Jüdischen Historischen Museum und der Portugiesischen Synagoge entlang zum Waterlooplein, auf der ein Markt stattfand. Dort schlenderte ich gemütlich hindurch und fand mich dann irgendwann – leicht überrascht, wie ich gestehen muss (mein Orientierungssinn verlässt mich selbst in einer so „logischen“ Stadt wie Amsterdam gelegentlich) – quasi auf der anderen Seite des Muntplein.

Weil der Wind ganz schön pfiff und es von hier aus nicht ganz so weit war, machte ich einen kurzen Abstecher zurück zum Gästehaus, um mir ein Tuch zu holen. Dann ging ich wieder zurück zum Muntplein und entdeckte dort eine weitere englische Buchhandlung, die ich auf der Stelle quasi hätte leerkaufen können. Ich hatte aber noch einen weiteren Museumsbesuch geplant und nahm mir daher fest vor, später oder am Samstag noch einmal hierhin zu kommen, wenn ich in Richtung Gästehaus unterwegs wäre, um einige (unheimlich günstige) Bücher zu erstehen. (Spoiler: Natürlich kam es dazu letztlich nicht mehr.)

Es war jetzt schon Nachmittag und so ging ich auf einigermaßen direktem Wege durch die Kalvestraat in Richtung des Amsterdam Museums. Unterwegs gab’s ein Stück Pizza auf die Hand und dann musste ich mich schon fast sputen, denn – wir erinnern uns – die Museen schließen in der Regel um 18 Uhr. Und man – oder zumindest ich – will durch so ein Museum ja auch nicht hindurch hetzen.

Es war dann auch ganz gut, dass ich noch gute zwei Stunden Zeit hatte, denn das Museum ist nicht nur sehr groß und umfangreich, sondern auch einigermaßen unübersichtlich bzw. verwirrend. Es gibt einige Zwischenetagen, Sonderausstellungen und viele Treppen, von denen ich nicht immer so ganz genau wusste, wo sie mich hinführen. Das Amsterdam Museum erzählt, wie man sich denken kann, die Geschichte der Stadt. Es gibt viele interaktive Stationen, Filme und Tonaufnahmen, Fotos und Modelle der Stadt, aber auch Gemälde und Portraits bedeutender Personen. Leider muss ich aber ehrlich sagen, dass mich das Museum fast ein wenig verwirrter zurückgelassen hat, als ich es betreten hatte. Dass es religiöse Konflikte gab und einen Krieg mit Spanien, war mir grob bekannt, der Name Wilhelm von Oranien sagte mir zumindest etwas und irgendwas war da auch mit Napoleon und Frankreich. Sehr viel schlauer war ich nach dem Besuch aber leider auch nicht – entweder ich habe dort Dinge übersehen, zu kompliziert gedacht oder stand auf dem Schlauch. Interessant war das Museum dennoch, aber irgendwie bin ich mit einem leicht unbefriedigenden Gefühl dort herausgegangen.

Anschließend ging ich durch den Innenhof des Museums und kam auf der anderen Seite des Begijnhof vorbei, der natürlich aber auch schon wieder geschlossen war, denn ich war quasi mit Schließung des Museums um 18 Uhr dort herausgekommen. Etwas ratlos wanderte ich durch die Gegend, zum wiederholten Male durch die Reguliersbreestraat und am Pathé Tuschinski vorbei, besorgte in einem kleinen Albert Heijn to go Wasser-Nachschub und zwei kleine Tütchen Chips und fand mich schließlich wieder am Rembrandtplein. Dieser Platz, der ebenso wie die angrenzenden Straßen gesäumt ist von Restaurants, Cafés und Bars, in der Mitte eine Grünfläche und eine Statue von Rembrandt, um die herum immer Menschen sitzen, Fotos und Selfies schießen, fühlte sich mittlerweile fast ein wenig wie ein Ankerplatz an in dieser neuen Stadt, weil es von dort wirklich nur noch ein Katzensprung war bis zum Gästehaus und weil ich in so kurzer Zeit schon so oft dort vorbeigekommen war.

Ich holte mir bei Starbucks einen Kaffee (und begrub mein langgehegtes Vorurteil, Starbucks sei so teuer, denn der Cappucchino war größer und günstiger als der am Vortag), setzte mich in die Sonne, denn das Wetter war gegen Abend dann noch sehr schön geworden, und beratschlagte mit meinem Bruder. Der hatte mittlerweile auch frei und zusammen wollten wir unsere Mutter um 19 Uhr vom Bahnhof abholen. Wir nahmen den übervollen Weg über den Rokin und anschließend irgendwelche Schleichwege durch das Rotlichtviertel rund um die Oude Kerk und kamen pünktlich am Bahnhof an.

Anschließend ging es mit Mutter und Koffer ebenfalls wieder zu Fuß zurück zum Gästehaus, wo wir erst einmal ein Weilchen in der Wohnung meines Bruders saßen, Erdbeeren und Chips aßen und einen Rosé tranken, den mein Bruder (als nicht Weintrinker) zum Geburtstag bekommen hatte. Dann machten wir uns auf: Wir hatten uns – aus der Fülle an Restaurants, die alle direkt um die Ecke liegen und die mein Bruder in den vergangenen Monaten gefühlt alle bereits besucht und für gut befunden hatte – für einen Italiener entschieden. Nach dem Essen gingen wir wieder über den Rembrandtplein und noch einige Schritte im Karrée und an der Amstel entlang und dann auf relativ direktem Wege in’s Bett.