Gelesen 12/2018

Erneut ein paar Tage später, als ich es eigentlich vorhabe, kommt hier der Beitrag über meine Lektüre im Dezember des letzten Jahres. Auch in diesem Monat war es wieder nur ein Buch – oder Büchlein, eher gesagt. Gut 80 Seiten waren es, also nicht unglaublich viel – aber meine Abende (also meine Lesezeit) waren mit Geschenkvorbereitungen und Handarbeiten gefüllt, sodass das Lesen etwas hintenanstehen musste. Dafür war die Lektüre immerhin weihnachtlich.


Charles Dickens: A Christmas Carol

Penguin Books

Das Buch mit den Christmas Books von Dickens habe ich irgendwann vor Beginn der Adventszeit im Regal meiner Eltern stehen sehen und kurzerhand ausgeliehen. „A Christmas Carol“ ist ja durchaus bekannt und der Inhalt der Geschichte war mir auch in groben Zügen vertraut, aber gelesen hatte ich es noch nicht.

Die Geschichte dreht sich um Ebenezer Scrooge, einen Geschäftsmann und ausgesprochenen Weihnachtsmuffel im viktorianischen London. Er feiert Weihnachten nicht, er tut sogar eigentlich alles, um nur keine weihnachtliche Stimmung aufkommen zu lassen. Er ist mürrig, griesgrämig, unfreundlich gegenüber allen, die ihm begegnen und noch mehr gegenüber denjenigen, die es wagen ihm ‚Frohe Weihnachten‘ zu wünschen. Sein Angestellter Bob Cratchit muss sich einen freien Tag am 25. Dezember geradezu erbetteln und die Einladung seines Neffen zur gemeinsamen Feier des Festes schlägt Scrooge ebenso aus wie er sich weigert, für die Armen der Stadt zu spenden, denen es in der Weihnachtszeit, im Winter, noch schlechter geht als sonst.

Kurzum: Scrooge ist niemand, dem man gerne begegnen oder mit dem man zu tun haben möchte – allgemein nicht und zur Weihnachtszeit schonmal erst Recht nicht. Nachdem er am Abend des 24. Dezembers aus dem Geschäft nach Hause gegangen ist und sein kärgliches Mahl verspeist hat, erscheint ihm der Geist seines früheren Geschäftspartners Jacob Marley. Weil er sein Leben lang geizig und geldgierig gewesen sei, müsse er nun als Geist unter den Menschen herumirren, behangen mit einer schweren Kette, erklärt Marley’s Geist ihm. Scrooge selbst trage ebenso eine, noch ungleich längere und schwerere Kette. Scrooge glaubt eigentlich nicht an Geister, doch das Erlebnis wühlt ihn auf. Drei weitere Geister würden noch zu Scrooge kommen, kündigt Marley ihm an, er habe noch eine Chance, sich vor demselben Schicksal, wie es Marley ereilt habe, zu retten.

Noch in derselben Nacht kommen zu Scrooge der Geist der vergangenen, der gegenwärtigen und der zukünftigen Weihnacht. Der erste Geist zeigt Scrooge das Weihnachten seiner Kindheit, das er, von der Familie verstoßen, in der Schule verbrachte, er zeigt ihm ein glückliches Weihnachtsfest, das Scrooge als Lehrling verbrachte, und er führt ihm vor Augen, wie Scrooge seine Verlobte verließ und wie glücklich diese später ohne ihn wurde. Mit dem Geist der gegenwärtigen Weihnacht besucht Scrooge das Weihnachtsfest der Familie seines Angestellten Cratchit und seines Neffen Fred. Er sieht, wie fröhlich die Menschen sind, wie ausgelassen sie in dieser besonderen Nacht feiern, obwohl zumindest die Cratchits nicht viel besitzen und das jüngste Kind, Tim, schwer krank ist. Scrooge beginnt zu begreifen, was die Geister ihm zeigen sollen.

Der dritte Geist schließlich führt ihm Menschen vor, die über Scrooges eigenen Tod, in der Zukunft, erleichtert sind und sich an ihm bereichern, indem sie Dinge aus seinem Haus nehmen und verkaufen. Bei Scrooge beginnt nun endgültig ein Umdenken, als er erkennt, wie wenig geachtet, wie ungeliebt er unter den Menschen ist, die ihn kennen. Außerdem zeigt ihm der Geist die Familie Cratchit, die um den verstorbenen Tim trauert. Am nächsten Morgen, dem Weihnachtstag, steht Scrooge durch die Erfahrungen und Erscheinungen der Nacht als ein völlig neuer Mensch aus dem Bett auf. Er kauft den größten Truthahn, der beim Metzger im Schaufenster hing, und lässt ihn zu den Cratchits bringen. Er selbst besucht seinen Neffen Fred und feiert mit ihm und seinen Freunden das Weihnachtsfest. Und nicht zuletzt erhöht er am darauffolgenden Tag Bob Cratchits Gehalt, als dieser im Geschäft erscheint.

Eine schöne Weihnachtsgeschichte – und wohl eine der berühmtesten. Ich habe die Erzählung sehr gerne gelesen, wenn auch im Grunde von Beginn an klar ist, wohin die Geschichte führen wird:

„He [Scrooge] became as good a friend, as good a master, and as good a man, as the good old city knew, or any other good old city, town, or borough, in the good old world. […] and it was always said of him, that he knew how to keep Christmas well.“

Scrooge wird bekehrt durch den Besuch der Geister in der Weihnachtsmacht, er macht eine komplette Wandlung durch und wird ein guter Mann, der sich um andere Menschen kümmert und Weihnachten feiert wie alle anderen auch. Vorhersehbar, ja, aber darum ging es Dickens wohl nicht in erster Linie. Vielmehr steckt in der Geschichte jede Menge Sozialkritik am Zustand der Gesellschaft in England in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Außerdem nimmt Dickens in der Beschreibung der Weihnachtsfeierlichkeiten viele Traditionen auf, die in England zu der Zeit neu entdeckt und begründet wurden, wie das Singen von Christmas Carols oder das Aufstellen von Weihnachtsbäumen.

Nicht zuletzt lese ich solche „Klassiker“, solche älteren Geschichten und Bücher, ob auf Deutsch oder auf Englisch, auch nicht nur wegen des Inhalts, sondern weil ich Spaß an dieser (alten) Sprache habe. Ja, das ist vielleicht speziell, aber ich mag es, alte Wörter und Redewendungen zu entdecken, ungewöhnlich anmutende Satzkonstruktionen oder Grammatikelemente, die in der heutigen Sprache kaum oder gar nicht mehr vorkommen. „to keep Christmas“ beispielsweise in dem obigen Zitat – gibt man das bei google ein, ergänzt die Suchmaschine automatisch „to keep Christmas tree fresh“. Aber was für ein schöner Ausdruck ist das.

Zusammengefasst: Eine schöne Lektüre, natürlich gerade in der Vorweihnachtszeit, die gleichzeitig Weihnachts(vor)freude verbreitet und einen Blick in die damalige Zeit, Weihnachtstraditionen (und für mich: die Sprache) bietet.