Reisebericht – Unterwegs auf dem RuhrtalRadweg

Ich fahre sehr gern Fahrrad, seit ich in Bochum arbeite, aber leider viel zu selten. Schon länger hatte ich deswegen die Idee, mal eine mehrtägige Radtour zu unternehmen. Die eine Woche Urlaub Ende Juni, für die sich andere Pläne zerschlagen bzw. nicht ergeben hatten, bot sich dafür an. Und so habe ich recht kurzfristig – und untrainiert – beschlossen, den RuhrtalRadweg abzufahren.

Zuerst hatte ich über den Emscher-Radweg nachgedacht, doch nachdem ich im Frühjahr eine WDR-Doku über den RuhrtalRadweg gesehen hatte und dann vor kurzem jemand, dem ich auf Instagram folge, einige Etappen darauf mit Familie gefahren ist, habe ich mir diesen Weg mal genauer angeschaut.

Da ich mein Fahrrad längere Strecken nur mit dem Zug transportieren kann, bin ich in dieser Hinsicht in der Wahl von Radtouren und -wegen etwas eingeschränkt, doch der RuhrtalRadweg liegt ideal: Zum Start nach Winterberg gibt es von Dortmund aus eine durchgehende RE-Verbindung, mit der man in zwei Stunden (in der Theorie, in der Praxis waren es dann eher zweieinhalb) dort ist. Geplant hatte ich drei Übernachtungen mit der Option, von der letzten Station entweder mit dem Zug oder mit dem Rad zurück nach Dortmund zu fahren, je nach Wetter, Laune, Muskelkater usw.

Zur Planung ist die Webseite des RuhrtalRadwegs sehr hilfreich. Ich hatte mir von dort kostenlos Material zuschicken lassen, darunter auch eine Karte mitsamt Übersicht der Strecken zwischen den verschiedenen Orten. Auch in Komoot ist der RuhrtalRadweg zu finden und meine Vorstellungen zur Etappenplanung stimmten tatsächlich auch mit den dort vorgeschlagenen Strecken überein. Auf der Webseite sind zudem für alle Orte Bett+Bike-Betriebe aufgelistet, sodass auch die Übernachtungssuche recht unkompliziert ist. Meine Übernachtungen hatte ich im Voraus (knapp drei Wochen vorher) gebucht, habe aber in einem Fall unterwegs auch nochmal umdisponiert.

Etappe 1: Winterberg – Meschede (49 km)

Wohl aufgrund von Bauarbeiten fährt der Zug von Dortmund nach Winterberg derzeit nur alle zwei Stunden – ich habe mich für die (frühe) Anreise um 8.21 Uhr entschieden mit der Idee, das Frühstück dann schon in Winterberg an der Ruhrquelle einzunehmen. Die erste Herausforderung: Der Zug fährt in Dortmund von Gleis 2 ab, das nur über Treppen außerhalb des Bahnhofsgebäudes zu erreichen ist. Für Rollstühle oder eben auch Fahrräder gibt es außen einen Bau-/Lastenaufzug, der von drei freundlichen jungen Menschen in neonorangenen Westen gesteuert wird.

Die Zugfahrt klappte prima, wenn wir auch unterwegs etwas Verspätung aufsammelten. Der Zug war kurz und es gab nur ein Fahrradabteil, was sich bis Winterberg gut füllte. Die sehr nette und hilfsbereite Schaffnerin ließ jedoch alle Radfahrerinnen und Radfahrer einsteigen und machte noch Vorschläge, wie die Räder platzsparender aufgestellt werden könnten, sodass wirklich alle, die wollten, mit dem Zug mitfahren konnten. Das habe ich auch schon anders erlebt. Zum Schluss kuschelten 12 Räder miteinander, meins das einzige ohne E-Antrieb.

In Winterberg angekommen, suchte ich dann erst einmal die Ruhrquelle auf – der später doch beeindruckende Fluss ist hier noch eher unscheinbar und nicht viel mehr als ein Rinnsal. Während ich mein vorbereitetes belegtes Brötchen verspeiste, kamen immer mehr Radelnde an. Zwei Frauen, die sich zu mir an einen Picknicktisch setzten, begegnete ich im Laufe dieses und der folgenden Tage immer wieder.

Start an der Ruhrquelle

Dann ging es wirklich los – und nach den ersten Kilometern war ich ein wenig konsterniert. Das nennen die Radweg? Es ging viel bergab – besser als bergauf, natürlich – aber die häufig geschotterten oder gekiesten Wege machten so gar keinen Spaß. Ich hatte Sorgen vor einem Platten oder einem Sturz und bin häufiger mal abgestiegen und geschoben. Im Verlauf des Tages wurde die Wegbeschaffenheit aber deutlich angenehmer. Eine erste kleine Pause machte ich im Rosendorf Assinghausen, eine weitere in Olsberg und eine letzte am ehemaligen Schieferbergwerk in Nuttlar (mit Blick auf die höchste Autobahnbrücke Deutschlands) – aber so richtig entspannen konnte ich unterwegs nicht, irgendwas trieb mich weiter. Wer weiß schon, was bis zum Tagesziel noch so auf einen wartet?

Wie in Assinghausen begegnen auf der ersten Etappe immer wieder hübsche Fachwerkhäuschen.

Die letzten sieben, acht Kilometer bis Meschede zogen sich ewig – es ging hoch und runter und zwischenzeitlich fühlte es sich eher nach Wandern mit Fahrrad an, denn so manche Steigung hatte es in sich. In Meschede angekommen, machte ich mich trotzdem noch auf den Weg zur Abtei Königsmünster – natürlich auch auf einem Hügel, aber dort gab es zur Belohnung dann immerhin Kaffee und Kuchen.

Die Ausblicke entschädigen doch immer wieder ein wenig für die „Aufstiege“ zuvor.

Nach dem Bezug meines Hotelzimmerchens und einer schnellen Dusche ging es nochmal raus für eine Pizza mit Blick auf die Ruhr und später habe ich noch die halben Tagesthemen geschafft – man ist abends dann doch einfach ziemlich müde.

Etappe 2: Meschede – Wickede-Echthausen (62 km)

Für heute waren etwas kühlere Temperaturen angekündigt, weswegen ich morgens zum Langarmshirt gegriffen hatte – als ich nach dem Frühstück mit gepackten Taschen an meinem Fahrrad stand, erwies sich das dann doch als die falsche Wahl. Im Laufe des Tages zog ich deswegen die dünne Windjacke immer wieder an und aus – mal war es warm, mal war es mir mit (Fahrt-)Wind und etwas verschwitzt dann doch wieder zu frisch.

Ganz still liegt er am Morgen da, der Hennesee.

Zum Start machte ich einen Schlenker, der nicht auf der Strecke lag, zur Himmelstreppe und auf den Hennesee-Boulevard. Mit viel Schwung ging es dann von dort runter auf die (geplant) längste Etappe. Zu Beginn führte der Weg viel entlang von Landstraßen, was mich aber nicht besonders störte, denn es waren wunderbar glatte, asphaltierte Radwege, auf denen man fuhr – eine Wohltat im Vergleich zum gestrigen Tag. Bis Freienohl gab es auch nochmal einige ordentliche Anstiege, die ich aber heute immerhin alle fahren konnte.

Irgendwo bei/hinter Freienohl – es klart etwas auf, der blaue Himmel und die Wolken spiegeln sich in der Ruhr.

In Arnsberg machte ich einen Schwenk in die Innenstadt, von der ich mir allerdings mehr versprochen hatte. Irgendwie wirkte alles ziemlich leer, fast ausgestorben, an einem Mittwochmittag (und in den Sommerferien) hatte ich anderes erwartet. Auch zur Schlossruine bin ich (mitsamt Fahrrad) hochgestiefelt, denn für alte Mauern habe ich ja sehr viel übrig. Sehr viel lebendiger wirkte dann Neheim, wo ich den „Sauerländer Dom“ besichtigte, in einem Supermarkt meinen Wasservorrat auffüllte und einen sehr leckeren Cappucchino trank, bevor es auf die letzten Kilometer nach Wickede ging.

Überreste des einst sicher sehr beeindruckenden Schlosses in Arnsberg.

Am Abend vorher hatte ich hier meine Übernachtungsmöglichkeit noch einmal umgebucht – das zunächst reservierte Zimmer, das ich noch kostenfrei stornieren konnte, lag in Wickede, aber etwas ab vom Radweg und hätte nochmal einen ziemlichen Anstieg bedeutet. Stattdessen habe ich in einem Gasthaus direkt am Radweg kurz vor Wickede noch ein Zimmer bekommen – wie sich am Mittag in Arnsberg herausgestellt hatte, waren auch die beiden Damen, denen ich an der Ruhrquelle schon begegnet war, dort untergekommen. Beim Abendessen im angegliederten Restaurant haben wir uns dort wiedergetroffen beim Frühstück am nächsten Morgen auch ein wenig unterhalten.

Etappe 3: Echthausen – Herdecke (59 km)

Los ging es heute nach den ersten Kilometern mit einer Umleitung. Generell, muss ich sagen, ist der RuhrtalRadweg prima ausgeschildert und die Karte sowie der Reiseführer, den ich mir geholt hatte, eigentlich nicht nötig oder nur nochmal zum Nachlesen der Sehenswürdigkeiten in Gebrauch. Hier war mir jetzt allerdings nicht ganz klar, wo bzw. wann die Umleitung endet, doch eine entgegenkommende Radlerin, die aus der Gegend kommt, konnte mir helfen.

Allmählich verändert sich die Landschaft – heute geht es viel auf Feldwegen voran.

Erster Stopp nach 11 Kilometern in Fröndenberg: Der Reiseführer hatte die Stiftskirche als sehenswert empfohlen, doch leider war sie verschlossen – klar, ist ja eine evangelische Kirche. Weiter ging es, heute sehr viel auf teils unbefestigten, aber gut befahrbaren Wegen zwischen Feldern – kaum Menschen unterwegs, dafür umso mehr singende Vögel, herrlich. Der bisher schönste Abschnitt führte durch die Ruhrauen bei Schwerte – mitten durchs Grüne, Kühe und Pferde auf der einen Seite, der Fluss auf der anderen.

Die Ruhrauen bei Schwerte sind für mich zu dem Zeitpunkt der bisher schönste Abschnitt der Tour.

So schön ist dieser Abschnitt, dass ich ihn gleich zwei Mal gefahren bin – eine ehemalige Kollegin hatte mich auf einen Kurzbesuch eingeladen, doch ich Dussel habe das Navi erst zu spät eingeschaltet, als ich nämlich schon fast in Schwerte war, und musste ein Stück zurück fahren, um zu ihr zu kommen. Direkter wäre es gewesen, schon früher vom RuhrtalRadweg abzubiegen, aber so fahre ich ein zweites Mal durch die Ruhrauen und insgesamt an diesem Tag doch auch fast 60 Kilometer.

Ein vertrauter Anblick – in den Wäldern zwischen Syburg und Hengsteysee hab ich schon einige kleine Wanderungen unternommen. Nicht gut zu erkennen: Im Hintergrund ist ein RWE-Logo, darunter – oberhalb des ehemaligen Koepchenwerkes – wird seit kurzem Wein angebaut.

Weiter ging es dann durch fast schon vertrautes Terrain – unterhalb von Syburg wird es nochmal ein bisschen hügelig, ich ignorierte alle Wegweiser, die mich nach Dortmund führen wollten, denn es ging für mich ja noch am Südufer des Hengsteysees bis Herdecke. Dort komme ich in einem kleinen, aber schnuckeligen Hotel direkt in der Fußgängerzone unter, trinke im angrenzenden Café einen Milchkaffee und der angekündigte Regen entpuppt sich als ein kurzer Schauer, während ich dusche. Mit Blick auf die Ruhr gibt es Abendessen im Extrablatt und dann, wie an den Abenden zuvor, nur noch etwas Fernsehberieselung – ich lese tatsächlich die ganze Zeit nicht eine Seite in meinem Buch.

Herdecke – definitiv der schönste meiner drei Übernachtungsorte. Sehr schnuckelig hier.
Etappe 4: Herdecke – Dortmund (41 km)

Endspurt – heute geht es nach Hause. Der vierte und letzte Tag wartete mit dem besten Wetter auf. Möglich gewesen wäre es, in Herdecke in den Zug nach Dortmund zu steigen, aber bei strahlendem Sonnenschein wollte ich lieber noch mehr radeln. Nach einem Frühstück beim Bäcker gegenüber vom Hotel ging es los – für die ersten fünf Kilometer bis Wetter brauchte ich ewig, weil es überall einfach so schön war und ich ständig anhalten und Fotos machen musste.

Überall Fotomotive – hier das Ruhrviadukt in Herdecke.

In Wetter kraxelte ich mit meinem Rad zur Burgruine hoch, in Wengern machte ich einen kleinen Schlenker auf eine ehemalige Bahntrasse mit wunderbarem Ausblick über die Gegend und ansonsten genoss ich an diesem Tag einfach nur die wunderschöne Landschaft und den ebenen Radweg.

Blick auf den Harkortsee bei bestem Wetter.
Wunderschön – die Ruhr irgendwo zwischen Witten und Wengern.

Eben jedenfalls, bis ich Witten erreichte, wo ich mich am Knotenpunkt 1 vom RuhrtalRadweg verabschiedete. Der führt noch weiter bis nach Duisburg, aber vier Tage Radfahren reichten dann doch erstmal. Ich fuhr stattdessen quer durch Witten – es ging mal wieder bergauf – und dann auf den Rheinischen Esel, eine ehemalige Bahntrasse, die jetzt als Radweg Bochum-Langendreer und Dortmund verbindet. In Richtung Dortmund ist er leider nicht asphaltiert, trotzdem lässt es sich dort gut fahren. Auch heute zogen sich dann aber die letzten Kilometer durch Persebeck, Menglinghausen und Barop ganz schön, weil es natürlich doch auch noch die ein oder andere Steigung zu überwinden gab. Kurz nach 13 Uhr erreichte ich Dortmund, wo ich direkt zum Mittagessen in der Innenstadt einkehrte.

Ab nach Hause.
Fazit

Das hat sehr großen Spaß gemacht! Den RuhrtalRadweg kann ich nur empfehlen – auch nicht motorisierte Radler können ihn gut schaffen, selbst wenn man sich ohne E-Bike ein wenig wie ein Exot vorkommt. Aber wem es nichts ausmacht, den ein oder anderen Hügel zur Not eben hochzuschieben, kommt hier gut zurecht.

Es ist spannend zu beobachten, wie sich die Landschaft im Verlauf des Weges verändert – von den Hügeln und schiefergedeckten Häusern des Sauerlandes hin zum Ruhrgebiet, das dann doch deutlich flacher und mehr landwirtschaftlich geprägt ist. Ohne den Rest des Weges zu kennen, vermute ich, dass der schönste Teil vermutlich der entlang der Stauseen zwischen Herdecke und Essen ist, wobei das ja auch sehr subjektiv ist.

Die Beschilderung des Weges ist prima, alle Unterkünfte sauber und einladend – das einzige, was ich tatsächlich nicht gefunden habe, waren die Trinkwasserbrunnen, die entlang des Weges aufgestellt sein sollen. Dafür kommt man aber an ausreichend Supermärkten vorbei, um sich mit Wasser oder auch Proviant einzudecken, oder kehrt in Cafés und Restaurants für eine Pause ein.

Das war bestimmt nicht meine letzte Mehrtages-Tour – und auch den Rest des RuhrtalRadwegs fahre ich bestimmt ein ander Mal noch!